War Röstmeister früher ein klassischer Ausbildungsberuf, empfinden heute viele Röster die Arbeit mit dem Kaffee eher als Berufung denn als Beruf. In der Kaffeeszene findet man vielfach diejenigen, die sich bewusst für eine neue Karriererichtung entschieden haben. Vom Musiker über die Archäologin, den Schreiner bis zum Philosophen – alle möglichen Karrieren fielen dem Kaffee schon zum Opfer. Der naheliegende und beste Grund: die Liebe zum Kaffee.
Manch einer jobbt während des Studiums als Barista und „bleibt hängen“, andere sind leidenschaftliche Kaffeetrinker, die die Faszination Espressomaschine nicht mehr loslässt. Und bei manchem wird die Kaffee-Liebe durch ein besonderes Geschmackserlebnis ausgelöst, die erste Kaffeeverkostung, der erste „natural“ und die Aromenvielfalt, die einen packt. Der Kaffee-Moment, mit seinem Duft, der über Tage, Woche, Monate und Jahre nichts von seiner Ausstrahlung verliert und einen immer wieder aufs Neue erinnert, dass man seine Arbeit liebt.
Natürlich geht es auch umgekehrt. Viele finden über die Liebe zum Kaffee. Durch Freunde oder Partner, die leidenschaftliche Kaffeetrinker sind, kommen sie mit dem Thema in Berührung. Fast könnte diese Ausgabe des KAFFEE GLOBUS ein Liebes-Special sein. So findet sich zum Beispiel in der „Homestory“ eine Liebesgeschichte, denn Paula und Jörn trafen sich bei der Arbeit in einer Kaffeerösterei. Und auch hinter der Geschichte der „Location“ Brews Lee Coffee steckt Romantik, denn Jimmy wurde von seiner heutigen Frau Fabienne für Kaffee begeistert.
Letzten Endes sind die Gründe, warum jemand zum Kaffee kommt, so vielfältig wie die Menschen. Das Schöne ist: Wer Kaffee liebt, bleibt dabei. Die Kaffeeszene ist so bunt gemischt, eben WEIL jeder vorher was anderes gemacht hat. Da gibt es nicht die eine geradlinige Karriere oder einen bestimmten Dresscode (auch wenn in den Medien oft nur der barttragende, tätowierte Barista gezeigt wird). Die Branche lebt von der Vielfalt und der gemeinsamen Liebe zum Kaffee.
Doch nicht erst seit Third Wave und Speciality Coffee hat Kaffee etwas mit einer Szene oder Gemeinschaft zu tun. Kaffee besaß schon immer etwas Verbindendes. Denken wir nur an die traditionelle Kaffeezeremonie in Äthiopien, dem Ursprungsland des Kaffees. Dort wird Kaffee seit jeher für Besuch frisch geröstet, gemahlen und aufgebrüht und genüsslich gemeinsam getrunken. Auch als Kaffee in Europa langsam populär wurde, ging das einher mit Kaffeehäusern, in denen man sich traf, um bei einer Tasse Kaffee angeregte Gespräche zu führen. Und wer trifft sich nicht gerne mit Freunden auf einen Kaffee?
Kaffee vereint universell, privat wie auch im Berufsleben. Der Gang zur Kaffeeküche schenkt eine kurze Auszeit vom hektischen Büro-Treiben. Gleichzeitig dient er als soziales Element. Nach ein paar netten Worten unter Kollegen geht es beschwingt an den Schreibtisch zurück.
Kaffee wirkt anregend, das wissen wir, nach einer Tasse Kaffee schlägt unser Herz schneller. Womöglich liegt es daran, dass Kaffee das beliebteste Getränk bei ersten Dates ist? Vielleicht schwappt auch einfach ein bisschen Romantik und italienisches Flair über den Brenner. Und auch, wenn man schon länger zusammen lebt, freut man sich doch, wenn man von Kaffeeduft geweckt wird, oder der Partner eine Tasse Kaffee ans Bett bringt. Liebe geht eben durch den Magen.
Oft ruft der Geruch von frisch gemahlenem Kaffee auch Erinnerungen an früher wach. Nostalgisch denkt man an Eltern, Großeltern und Heimat und geht auf sensorische Zeitreise. Wärme, Liebe und Geborgenheit sind laut einer aktuellen Umfrage übrigens auch die am häufigsten genannten Assoziationen mit Kaffee. Durchwegs positiv-romantisch also. Und spätestens, wenn dein Barista dir beim nächsten Cafébesuch ein Latte-Art-Herz auf deinem Cappuccino zaubert, weißt du: Kaffee ist Liebe.
Dieser Text erschien in Ausgabe 5 des KAFFEE GLOBUS