„In 50 Jahren ist Kaffee ausgestorben“ – „Bald gibt es nur noch Robusta“ – „Kaffee wird zum Luxusgut“ – so oder so ähnlich klingen Schlagzeilen, wenn es um Klimawandel und Kaffee geht. Doch sind diese Horror-Szenarien berechtigt? Wie wirkt sich der Klimawandel tatsächlich auf den Kaffeeanbau aus? Diese Frage habe ich im Rahmen eines Vortrags versucht zu beantworten.
Tatsache ist: Es gibt in der Wissenschaft verschiedene Modelle, wie stark der Klimawandel ausgeprägt sein wird und entsprechend auch, wie stark er sich auswirken wird. Je nachdem, welchen Forscher man zu Rate zieht, bekommt man mehr oder weniger drastische Ausblicke.
Aus diesem Grund finde ich es hilfreich, wenn man sich nicht (nur) die Ergebnisse der einzelnen Forschungsarbeiten ansieht, sondern einen Schritt zurück geht und die Parameter analysiert, die durch Veränderungen im Klima betroffen sind:
1) Klima – Temperatur – Wetter
Der erste Punkt ist denke ich der Einleuchtendste, denn davon gehen wir aus: Der Klimawandel wird das Wetter bei uns und in den Kaffee-Anbauländern beeinflussen. Das Wetter-Phänomen „El Nino“ betrifft z.B. nicht nur die Pazifik-Küsten der Andenstaaten, die Auswirkungen reichen über den pazifischen Ozean bis an die ostafrikanische Küste. Zu den Folgen des Klimawandels gehört aber nicht nur eine Erhöhung der Temperatur, auch die Regenfälle verändern sich. Das können im Extremfall Dürren sein, aber auch unregelmäßige Regenfälle wirken sich negativ auf den Kaffeeanbau aus. Nämlich immer dann, wenn die Pflanze Wasser bräuchte und keines bekommt oder umgekehrt.
2) Krankheiten
Auch Pflanzenkrankheiten wie Kaffeerost oder Coffee Berry Disease (CBD) machen sich bei höheren Temperaturen noch stärker über die Kaffeepflanzen her. Kaffeerost ist ein Pilz, der die Kaffeepflanzen stark beschädigt. Blätter fallen ab und oft bilden sich keine Blüten und Kaffeekirschen, so dass Ernteausfälle eintreten. Im 18. Jahrhundert hat der Kaffeerost Sri Lanka so schlimm befallen, dass der Kaffee dort komplett ausstarb. In anderen Anbauländern gibt es den Kaffeerost natürlich auch, allerdings sind höher liegende Gebiete durch die dort niedrigeren Temperaturen besser gegen den Pilz geschützt. Hier zeigt sich schon, dass der Klimawandel diesen natürlichen Schutz zunichte machen könnte.
3) Schädlinge
Eine erhöhte Temperatur führt dazu, dass sich bestimmte Schädlinge besonders wohl fühlen. Dazu gehört zum Beispiel der Kaffeekirschenkäfer. Das ist ein kleiner Borkenkäfer, der Kaffeekirschen befällt. Das führt zu Ernteausfällen und Sekundärinfektionen mit Pflanzenkrankheiten (wie z.B. dem oben genannten Kaffeerost). Eine Studie von Jaramillo et al. (2011)1 hat Szenarien entwickelt, aus denen hervorgeht, dass der Kaffeekirschenkäfer von höheren Temperaturen so sehr profitieren könnte, dass sich die Anzahl der Käfer-Generationen pro Jahr verdoppeln könnte.
Zwischenfazit: Stress
Man kann festhalten, dass mit dem Klimawandel – unabhängig davon, in welcher Ausprägung – Stress für die Pflanzen verbunden ist. Dieser wirkt sich auf die Qualität und natürlich auf die Erntemenge, also den Ertrag, aus.
Eine Studie des International Center for Tropical Agriculture um Peter Läderach2 zeigt, dass vor allem diejenigen Anbauregionen Probleme bekommen werden, die auf niedriger Höhe und nahe am Äquator liegen. Gleichzeitig muss man betonen, dass nicht jedes Anbauland und auch nicht jede Region gleichermaßen betroffen sein werden. Im Gegenteil: Es gibt große regionale Unterschiede. Im Gegensatz zu Südamerika könnten Kaffeeanbauländer in Ostafrika zum Beispiel sogar vom Klimawandel profitieren, weil sie Potential haben, höher gelegene Anbaugebiete zu erschließen.
Andere Untersuchungen3 zeichnen ein negativeres Bild. Sie gehen davon aus, dass auch in Äthiopien und Kenya große Teile der bisherigen Anbaugebiete unbrauchbar sein werden.
Neben dem Ausweichen in höhere Anbaugebiete besteht auch die Möglichkeit, Kaffeesorten zu züchten, die gut für die Herausforderungen gerüstet sind, die der Klimawandel mit sich bringt.
Dazu kann ich einen kleinen praktischen Einblick ins Thema Kaffeeforschung geben. Im Januar dieses Jahres bereiste ich mit einer Gruppe der Speciality Coffee Association (SCAE) Äthiopien. Unter anderem haben wir dort eine Forschungsstation in der Nähe von Yirgalem in der Sidamo-Zone besucht, betrieben vom Ethiopian Institute for Agricultural Research. Dort werden verschiedene neue Kaffee-Varietäten gezüchtet. Die Forscher gehen dabei anhand von so genannten Quality Markers vor. Sie beurteilen die neuen Züchtungen anhand von vier Punkten:
• Resistenz gegenüber Schädlingen
• Resistenz gegenüber Krankheiten
• Ertrag
• Qualität
Die äthiopischen Forscher testen verschiedene Gegebenheiten: Schattenpflanzen, Bodenbeschaffenheiten, Wasserbedarf, Dünger… Probiert werden alle Parameter, die Einfluss auf die Quality Marker nehmen können.
Nun ist die Kaffee-Aufzucht eine sehr langwierige Angelegenheit. Alleine vom Pflanzen bis zur ersten Ernte vergehen bis zu fünf Jahre. Dann muss man bedenken, dass unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch wichtig ist, dass die Kaffeepflanzen ein ansehnliches Alter erreichen und auch mit 20-30 Jahren noch Ertrag bringen. Die Evaluierung neuer Sorten braucht also viele Jahre.
Eine entsprechend ernste Angelegenheit ist die Kaffee-Forschung. So durften wir in der Forschungsstation in Yirgalem z.B. auch keine Fotos machen. Als Ersatz ist hier ein Bild einer kleinen Kaffee-Baumschule in Yirgacheffe (etwas weiter im Süden Äthiopiens) zu sehen:
Fazit
Die eingangs gestellte Frage, wie sich Klimawandel auf den Kaffeeanbau auswirkt, lässt sich wohl zum jetzigen Zeitpunkt nicht eindeutig klären. Und doch ist sicher: Wie stark auch immer die Auswirkungen ausgeprägt sein werden, es wird sie geben, die negativen Auswirkungen des Klimawandels. In Anbetracht der langen Zeit, die neue Züchtungen brauchen, ist JETZT der Zeitpunkt, um sich vorzubereiten und anzufangen zu überlegen, was wir alle dafür tun können, dass die Kaffee-Anbauregionen gut für die Herausforderungen des Klimawandels gerüstet sind.
Quellen und Lesetipps zum Thema Klimawandel und Kaffee:
Bunn, Christian/ Läderach, Peter/ Ovalle Rivera, Oriana/ Kirschke, Dieter (2014): A bitter cup: climate change profile of global production of Arabica and Robusta coffee. In: Climatic Change. March 2015 Volume 129, Issue 1, pp 89-101 Online verfügbar unter: http://link.springer.com/article/10.1007/s10584-014-1306-x
Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) (2014): Agrobiodiversität bietet Chancen zur Anpassung an den Klimawandel – Beispiel: Kaffee. Online verfügbar unter: https://www.giz.de/fachexpertise/downloads/giz2014-de-klimawandel-und-kaffee.pdf
IPCC WGII AR5 (Bericht des Weltklimarats der UN) 2014, S. 23
[…] Die Kaffeetante hat bei der VHS Bonn im Haus der Bildung einen Vortrag über nachhaltigen Kaffeeanbau gehalten und stellte dort die Frage: “Wie wirkt sich der Klimawandel auf den Kaffeeanbau aus?” […]
Hallo!
Super interessanter Artikel. Ich bewundere dein Engagement!
Mach bitte so weiter
LG Sophia